Was sind erfolgreiche Konzepte zur Wiederherstellung artenreichen Grünlandes in Deutschland? Eine multiregionale Bewertung sozial-ökologischer Systeme und pilothafte Umsetzung (Grassworks)

Grassworks untersucht in einem inter- und transdisziplinären Ansatz, welche Auswirkung die Wiederherstellung von Grünlandflächen haben kann und geht der Frage nach, wie Wiesen und Weiden so bewirtschaftet werden können, dass ökologisch hochwertige Ökosysteme entstehen und erhalten werden und gleichzeitig die Landwirtinnen und Landwirte für die Leistungen, die die Flächen für das Gemeinwohl erbringen, gerecht entlohnt werden. Dabei betrachten wir sowohl ökologische, sozio-ökologische, ökonomische als auch Governance-Aspekte.

  • Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

    Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

    In Grassworks wollen Forschende aus Ökologie, Nachhaltigkeitswissenschaften und Ökonomie zusammen mit dem Thünen-Institut als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik und dem Deutschen Verband für Landschaftspflege in einem transdiszipliären Forschungsansatz untersuchen, welche Faktoren für eine erfolgreiche Renaturierung von Grünland entscheidend sind. In drei Regionen Deutschlands (Nord, Mitte, Süd) werden jeweils 30 bereits umgesetzte Renaturierungsprojekte einer Post-Hoc-Analyse unterzogen, um den Einfluss ökologischer, sozial-ökologischer und sozioökonomischer Rahmenbedingungen auf den Renaturierungserfolg zu quantifizieren und Hebelpunkte für mehr Biodiversität und Multifunktionalität zu identifizieren. Grassworks wird damit eine einzigartige Gesamtanalyse der direkten und indirekten Treiber des Renaturierungserfolgs von Grünlandökosystemen ermöglichen.

    Komplementär hierzu werden in drei Reallaboren (Nord, Mitte, Süd) partizipativ mit relevanten Akteuren Maßnahmen geplant und in ausgewählten Gemeinden umgesetzt sowie gemeinsam Hebelpunkte identifiziert, die zu einer höheren Wertschätzung von Biodiversität, ÖSF und ÖSL und einem besseren Wissen über erfolgreiche Methoden der Grünlandrenaturierung führen können. Eine Analyse der ökonomischen und politischen Aspekte der Grünlandrenaturierung wird Stärken und Defizite identifizieren und Handlungsoptionen für eine Verbesserung der Governance auf unterschiedlichen Skalenebenen (inkl. AUKM in der GAP und andere Politikinstrumente) aufzeigen.

    Über inter- und transdisziplinäre Modellierungen werden die vielfältigen Ergebnisse synthetisiert und fließen in ein innovatives Online-Informations- und Prognose-Tool für Grünlandrenaturierung. Die Initiierung eines forschungsbasierten Transformationsprozesses in den Reallaboren soll zu einer Verstetigung führen und auf andere Regionen übertragbar sein. Unsere innovativen Beratungsinstrumente werden die planerische, technische und ökologische Qualität der Umsetzung maßgeblich verbessern. Priorisierungen werden gesellschaftliche Entscheidungsprozesse auf geeigneten Standorten unter Berücksichtigung des Renaturierungsziels skizzieren (u.a. langfristige Kohlenstoffspeicherung, Erhöhung der Resilienz gegenüber Witterungsextremen, Förderung von Insekten, Erzeugung hochwertiger Futter- und Nahrungsmittel, kulturelle ÖSL).

    Grassworks verfolgt einen sozial-ökologischen Systemansatz, der die Dynamik der Wertschätzung der Biodiversität explizit erfasst, Governance-Strukturen verbessert, Szenarien zukünftiger Politikinstrumente und Naturschutzstrategien entwickelt und damit entscheidend zum Schutz der Biodiversität im Grünland beiträgt.

  • Arbeitspaket 1: Post-Hoc Untersuchung von 120 umgesetzten Renaturierungsflächen in 3 Modellregionen (Nord, Mitte, Süd)

    Arbeitspaket 1: Post-Hoc Untersuchung von 120 umgesetzten Renaturierungsflächen in 3 Modellregionen (Nord, Mitte, Süd)

    Der unterschiedlich ausgeprägte Erfolg von Renaturierungsprojekten ermöglicht es, Rückschlüsse zur Wirksamkeit verschiedener Vorgehensweisen bei der Renaturierung zu ziehen – z. B. zur Wahl der Renaturierungsmethode – vor dem Hintergrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen.

    Der Renaturierungserfolg wird dabei aus mehreren Blickwinkeln betrachtet: aus ökologischer, sozio-ökologischer und ökonomischer Perspektive. Die Renaturierungsflächen wurden daher so ausgewählt, dass sie eine möglichst große Bandbreite abdecken.
    In den Jahren 2022 und 2023 wurden die Flächen sowohl ökologisch (Boden, Vegetation, Tagfalter & Wildbienen, Landschaftskonnektivität und -komplexität), sozio-ökologisch und sozio-ökonomisch (Integration von Renaturierungsmaßnahmen in landwirtschaftliche Betriebe, Bewirtschaftungs- und Verwaltungsstrukturen) analysiert und bewertet, um eine ganzheitliche Beurteilung des Renaturierungserfolges zu ermöglichen.

    Bei der Bewertung des Erfolges wurden außerdem Referenzflächen herangezogen. Einerseits artenreiche, nicht-renaturierte Grünlandstandorte als Positiv-Referenzen- Andererseits, durch zu intensive Landnutzung oder vernachlässigte Pflege, degradierte Grünländer als Negativ-Referenzen.

    Genauere Einblicke in die ökologische Feldforschung finden Sie hier.

  • Arbeitspaket 2: Initiierung eines Transformationsprozesses in drei Reallaboren

    Arbeitspaket 2: Initiierung eines Transformationsprozesses in drei Reallaboren

    Reallabore sind experimentelle Räume an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, in denen Wissenschaftler*innen mit lokalen Akteuren zusammenarbeiten, voneinander lernen und Dinge erproben. Somit bieten sie großes Potenzial transformative Prozesse in die Wege zu leiten und entsprechendes Wissen zu generieren.

    Im zweiten Arbeitspaket von Grassworks sollen solche Transformationsprozesse in drei Reallaboren initiiert werden. Unter anderem wurde der Wissensstand zum Thema artenreiches Grünland und dessen Wiederherstellung sowie die Werte relevanter Akteursgruppen in Bezug zur Grünlandrenaturierung, vor und nach dem Projekt verglichen. Zudem wurden zusammen mit der lokalen Bevölkerung Renaturierungsmaßnahmen bewertet, geplant und umgesetzt und Demonstrationsflächen für die Multifunktionalität von Grünlandflächen angelegt, die dem Wissenstransfer dienen sollen.

    Die Hochschule Anhalt hat im Reallabor Mitte, d.h. in Hainrode und der Region Südharz, den Transformationsprozess initiiert und aktiv betreut. So wurden unter anderem Standorte für artenreiche Wildblumenwiesen gemeinsam mit den Anwohner*innen ausgewählt und im September 2023 angelegt – einen ausführlichen Bericht können Sie hier nachlesen. 2024 wurde eine Citizen-Science- bzw. Mitmach-Aktion durchgeführt, wo den Bürgerinnen und Bürger von Hainrode und der Region Südharz ermöglicht wurde Wildblumenwiesen im eigenen Garten anzulegen, zu erhalten und zu beobachten. Dazu hat das Grassworks-Team Saatguttütchen mit einer eigens für die Region zusammengestellten, zertifizierten Wildpflanzenmischung verschenkt und eine Broschüre erstellt, welche Steckbriefe der Pflanzenarten dieser Hainröder Mischung, Hinweise zur Anlage und Pflege von Wildblumenwiesen sowie einen Erfassungsbogen enthält (mehr dazu finden Sie hier).

    Der langjährige Dünge- und Bewirtschaftungsversuch in Hayn ist Demonstrationsfläche für die Modellregion Mitte – Erste Ergebnisse können Sie in der im Dezember 2023 erschienen Publikation nachlesen.

    • Arbeitspaket 3: Wissenstransfer und Stakeholder-Beteiligung

      Arbeitspaket 3: Wissenstransfer und Stakeholder-Beteiligung

      Damit die Wiederherstellung von Grünland langfristig zum Erfolg führt, ist die Anwendung und das Wissen über geeignete Renaturierungsmethoden von zentraler Bedeutung.

      Wissen zur Grünlandrenaturierung unter Einbeziehung von Akteuren aus der Praxis und Forschung wird in Arbeitspaket 3 gesammelt, gebündelt, zugänglich gemacht und verbreitet, um das gegenseitige Lernen anzuregen und integrierte Entscheidungsprozesse zu fördern.

      Im Rahmen von Grassworks hat der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL), als einer unserer Projektpartner, eine praxisnahe Filmreihe zum Thema Grünlandrenaturierung entwickelt, die wir an dieser Stelle wärmstens weiterempfehlen!

    • Arbeitspaket 4: (Sozio-)Ökonomie und Governance

      Arbeitspaket 4: (Sozio-)Ökonomie und Governance

      Die Planung und Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen im Grünland sind eingebettet in wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen, die für die Finanzierung relevant sind. Unter Leitung der Universität Greifswald sollen in diesem Arbeitspaket die politischen und wirtschaftlichen Aspekte der Grünlandrenaturierung beleuchtet sowie bestehende Defizite ermittelt werden. Ziel dabei ist es, Möglichkeiten für zukünftige Verbesserungen auf verschiedenen Ebenen zu identifizieren und aufzuzeigen.

    • Arbeitspaket 5: Synthese

      Arbeitspaket 5: Synthese

      Um Prognosen über den Renaturierungserfolg und Empfehlungen für die Renaturierung von Grünland zu geben, werden in diesem Teil des Projektes die Ergebnisse der Arbeitspakete 14 zusammengebracht und miteinander verbunden. Zu diesem Zweck wird interdisziplinäre und datengetriebene Modellierung genutzt, um die Bedeutung der verschiedenen relevanten Einflussfaktoren auf den Renaturierungserfolg zu bestimmen. Zum anderen werden durch transdisziplinäre partizipative Modellierung des Renaturierungserfolges mit Praxispartner*innen kausale Modelle entwickelt, die ein noch besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Faktoren ermöglichen sollen.

    • Arbeitspaket 6: Integration

      Arbeitspaket 6: Integration

      Integration von Wissen ist für inter- und transdisziplinäre Projekte von zentraler Bedeutung. Daher ist das Projektmanagement inklusive der Koordination und Kommunikation mit Forschungs- sowie Praxispartner*innen zentral in diesem Teil des Projektes. Zudem werden Grassworks-Wissenschaftler*innen im Sinne der Verstetigung des Projektes im Rahmen von Tagungen, Konferenzen und Workshops die gewonnenen Ergebnisse präsentieren und in den Austausch mit europäischen Akteuren und Forscher*innengruppen treten.

      Über die Aktivitäten des Grassworks-Teams berichten wir regelmäßig auf unserer Projekt-Webseite als auch auf den Social-Media-Kanälen von Offenlandinfo.

       

    Projektleitung:
    Prof. Dr. Vicky Temperton (vicky.temperton@leuphana.de), Leuphana Universität Lüneburg
    unter Beteiligung von Prof. Dr. Anita Kirmer (anita.kirmer@hs-anhalt.de), Hochschule Anhalt

    Projektbeteiligte und Mitarbeitende Hochschule Anhalt:
    Prof. Dr. Sabine Tischew (Sabine.Tischew@hs-anhalt.de)
    Dr. Annika Schmidt, M.Sc. Line Sturm, M.Sc. Konrad Gray

    Weitere Projektpartner:
    Technische Universität München (Prof. Dr. Johannes Kollmann, Prof. Dr. Johannes Sauer)
    Universität Greifswald (Prof. Dr. Volker Beckmann)
    Thünen-Institut für Biodiversität, Braunschweig (PD Dr. Jan Thiele)
    Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL) (Dr. Jürgen Metzner)

    Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA)
    Projektnummer:
    16LW0095
    Laufzeit: 11/2021 - 10/2024

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