Grünlandaufwertung in FFH-Gebieten mittels neuer Methoden zur Etablierung von Zielarten

  • Motivation & Zielstellungen

    Motivation & Zielstellungen

    Derzeit weisen viele Grünländer in FFH-Gebieten keinen günstigen Erhaltungszustand im Sinne der FFH-Richtlinie auf. Selbst nach langjährigem extensiven Pflegemanagement und bei weitgehend optimalen Standortbedingungen fehlt ihnen oft noch das lebensraumtypische Arteninventar. Dies lässt sich vor allem auf den Mangel an geeigneten Diasporenquellen in der Umgebung zurückführen, da artenreiche Grünlandbestände selten sind und oft isoliert voneinander liegen. Eine weitere Ursache ist die sehr geringe Ausbreitungsgeschwindigkeit vieler Zielarten. Zudem fehlen in dichten, von Gräsern dominierten Beständen geeignete Etablierungs­nischen, wodurch die Einwanderung neuer Arten verzögert oder völlig gehemmt wird.

    Im Rahmen dieses Projektes werden auf ausgewählten Flächen in FFH-Gebieten verschiedene Methoden zur aktiven Einbringung von Zielarten erprobt. Dazu werden noch vorhandene artenreiche Wiesenbestände als Spenderflächen für Samenmaterial genutzt. Durch Mahdgutübertrag, Einsaat von Wiesendrusch und regionalen Saatgut­mischungen soll die Diversität von artenarmen Grünländern langfristig erhöht und eine charakteristische Artenzusammensetzung wieder­her­gestellt werden.

    Lage der Projektgebiete im Landkreis Wittenberg. (Quelle: openstreetmap.org)

  • Maßnahmenumsetzung

    Maßnahmenumsetzung

    Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgte in den meisten Gebieten nach einem einheitlichen Versuchsschema (Blockdesign, 4 Varianten, 6 Wiederholungen). Um gute Keimungsbe­dingungen zu schaffen und den Konkurrenzdruck durch die bestehende Vegetation zu verringern, werden zu Beginn jeder Maßnahme sechs ca. 120 m lange und 6 m breite Streifen in die Aufwertungsflächen gefräst. Der lockere Boden wird durch anschließendes Walzen gefestigt. Auf jedem Etablierungsstreifen wird dann samen­reiches Material in vier unterschiedlichen Varianten aufgetragen. Erstens: die artenreichen Spenderflächen werden gemäht und das dia­sporenreiche Mahdgut wird frisch auf die Maßnahmenfläche aufgebracht. Zweitens: das Mahdgut wird auf der Fläche mit einem Mäh­drescher ausgedroschen und das Druschgut im getrockneten Zustand auf der Empfängerfläche eingesät. Außerdem werden zwei Versuchs­varianten angelegt, bei denen zusätzlich zum Auftrag von Mahdgut oder Wiesendrusch eine Einsaat mit Saatgut aus regionaler Herkunft erfolgt. Umsetzungen fanden bisher im Herbst 2009 in den FFH-Gebieten „Küchenholzgraben bei Zahna“ und „Untere Schwarze Elster“, im Spätherbst 2010 im Gebiet „Elbaue zwischen Griebo und Prettin“ statt. Im FFH-Gebiet “Dessau-Wörlitzer Elbauen“ sind auf zwei Flächen Maßnahmen umgesetzt worden; im Herbst 2011 auf der „Cortenswiese“ bei Dessau und im Herbst 2014 auf einer Wiese in der Nähe des Ortes Klieken. Alle Projektgebiete befinden sich im Landkreis Wittenberg.

    Außerdem wurde in der Dornburger Aue im Landkreis Jerichower Land ein 22 ha großer Ackerstandort, der sich im FFH-Gebiet "Elbaue zwischen Saalemündung und Magdeburg" befindet, wieder in Grünland (LRT 6440 mit Übergängen zu LRT 6510) überführt. Diese Maßnahmenumsetzung fand Ende März/Anfang April 2011 statt.

  • Naturschutzfachliche Erfolgskontrolle

    Naturschutzfachliche Erfolgskontrolle

    Alle Maßnahmen werden von Erfolgskontrollen begleitet. Die Etablierung aller Arten wird do­kumentiert und zwischen den einzelnen Varianten verglichen. Dazu werden einmal im Jahr auf allen Versuchsvarianten sowie im ungestörten Grünland Vegetationsaufnahmen durchgeführt (Flächengröße: 4 x 4 m). Weiterhin werden auf Spender- und Empfängerflächen die Nährstoffversorgung (C, N, P, K) und der pH-Wert des Bodens untersucht.

  • Vegetationsentwicklung auf den Renaturierungsflächen

    Vegetationsentwicklung auf den Renaturierungsflächen

    Die Ergebnisse unserer jährlich durchgeführten Vegetationserfassung auf den nunmehr 5 Jahre alten Renaturierungsflächen „Küchenholzgraben“ und „Untere Schwarze Elster“ bestätigten, dass mit allen getesteten Einbringungsmethoden (Mahdgut, Wiesendrusch sowie Einsaat gebietsheimischer Arten) Grünland erfolgreich floristisch aufgewertet werden kann. Die Anzahl der Zielarten der Kategorie 1 (Rote-Liste-Arten und Arten mit Bestandsrückgang) sowie der Kategorie 2 (weitere charakteristische Arten) nahmen über die Jahre kontinuierlich zu und zeigten mit durchschnittlich bis zu 20 Arten relativ hohe Werte. Auch bei den Deckungs­graden ergab sich ein positiver Trend. Im fünften Jahr erreichten im „Küchenholzgraben“ die Zielarten der Kat. 1 und 2 circa 20%, zusammen mit Grünlandarten der Kategorie 3 sogar bis zu 60% kumulative Gesamtdeckung. Im Projektgebiet „Untere Schwarze Elster“ waren die kumulativen Deckungsgrade mit 15% (Kat. 1 und 2) bzw. 50% (Kat. 1 - 3) ähnlich hoch. Insgesamt ergaben sich nur geringe Unterschiede zwischen den Einbringungsvarianten Mahdgut und Wiesendrusch. Dagegen zeigte die zusätzliche Einsaat einen deutlich positiven Effekt. Auf diesen Plots waren die Artenzahlen und Deckungsgrade der Zielarten signifikant höher als bei den Varianten ohne zusätzliche Einsaat. Die Verwendung regionalen Saatgutes ist besonders dann empfehlenswert, wenn keine oder nur mäßig geeignete Spenderflächen in der Nähe der Maßnahmenflächen vorhanden sind. Außerdem können mit der zusätzlichen Einsaat auch Arten eingebracht werden, die mit einer Mahdgutübertragung Ende September schlecht erfassbar sind, wie z.B. bereits im Frühjahr samenstreuende Arten.

  • Wie geht es weiter?

    Wie geht es weiter?

    Die bisherigen Erfahrungen aus dem Projekt zeigen deutlich, dass die durchgeführten Maß­nahmen sehr gut geeignet sind, um Arten­zusammensetzung und -vielfalt von Grünland­flächen zielführend zu entwickeln. In den Projektgebieten wird das Monitoring fortgesetzt. Nur so kann aufgezeigt werden, ob die Zielarten auf den behandelten Flächen persistieren und inwieweit sich die festgestellten Veränderungen in der Artenzusammensetzung auf den Etablier­ungsstreifen auf die angrenzenden unbe­handelten Grünlandbereiche auswirken, Zielarten also in die Gesamtfläche einwandern und sich dort dauerhaft etablieren können. Forschungs­bedarf sehen wir im Hinblick auf eine weitere Optimierung der Methoden. Insbesondere die Wuchsbedingungen im ersten Jahr nach Maß­nahmenumsetzung üben einen entscheidenden Einfluss auf die endgültige Etablierung der empfindlichen Keimlinge aus. So wurden auf einigen Flächen Dominanzbestände bestimmter Ruderal- und Samenbankarten oder eine sehr schnelle Regeneration konkurrenzstarker Gräser beobachtet, die eine optimale Entwicklung der eingebrachten Zielarten behinderten. Zur weiter­en Verbesserung der Etablierungsbedingungen könnte eine nachhaltigere Störung der Ur­sprungsvegetation (z.B. durch Pflügen) und/oder ein optimiertes Pflegeregime beitragen. Mit systematischen Untersuchungen zum Einfluss von zusätzlichen Bodenstörungsvarianten in Kombination mit verschiedenen Mahdvarianten auf die Vegetationsentwicklung würden neue Erkenntnisse generiert werden können.

    Für alle Gebiete, in denen bereits Maßnahmen umgesetzt worden sind, wird das Monitoring fortgesetzt. Nur so kann aufgezeigt werden, ob sich die Zielarten dauerhaft etablieren können. Es bleibt abzuwarten, ob sich Veränderungen in der Artenzusammensetzung auf die Etablierungsstreifen beschränken oder ob Zielarten in die Gesamtfläche einwandern können. Auf allen Flächen soll ein angepasstes Pflegemanagement den Maßnahmenerfolg unterstützen.