Informationssystem Naturnahe Begrünungsmaßnahmen (InB) und Spenderflächenkataster Sachsen-Anhalt

Grünland mit hohem Arten- und Strukturreichtum ist in den Landschaftsräumen Sachsen-Anhalts selten geworden, worunter auch die heimische Tierwelt leidet. In der Vergangenheit wurden zudem heimische Lebensräume durch die Ausbreitung fremder Arten beeinträchtigt oder zerstört und heimische Arten verdrängt. Seit dem 1. März 2020 schreibt das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG § 40 Abs. 1) daher die Verwendung von gebietseigenem Saatgut in der freien Landschaft bindend vor. Naturnahe Begrünungsmaßnahmen entsprechen dabei nicht nur dieser Vorgabe des BNatSchG und den Grundsätzen der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH), sondern tragen darüber hinaus dazu bei, die Ziele der Biodiversitätskonvention (CBD) zu erreichen.

Naturnahe Begrünungsmaßnahmen verwenden ausschließlich Saatgut und/ oder samenreiches Boden- und Pflanzenmaterial heimischer Arten aus gebietseigenen Herkünften. Diese sind an die regionalen Standortbedingungen der Empfängerfläche angepasst und erhöhen somit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Erreichung des Begrünungsziels, garantieren die Bewahrung der floristischen Identität der Naturräume, die Förderung der Artenvielfalt und die Erbringung wichtiger Ökosystemleistungen wie bspw. ein erhöhter Erosionsschutz. Positiv ist zudem auch, dass Folgekosten durch die hohen Erfolgsraten in der Etablierung, die sehr gute ingenieurbiologische Funktionsweise und z.T. auch bei der Pflege geringer ausfallen als bei der Verwendung von konventionellen Regelsaatgutmischungen (RSM).

Naturnahe Begrünungen spielen seit Jahren im Rahmen verschiedener Bau- oder Kompensationsmaßnahmen, auf ertragsschwachen Landwirtschaftsflächen bzw. bei Naturschutzmaßnahmen eine große Rolle und werden zur Neuanlage von oder zur Aufwertung zu hochwertigen Lebensräumen eingesetzt. Mit dem Bekanntwerden des Ausmaßes des Verlustes der heimischen Insektenwelt werden zunehmend auch Grünflächen im öffentlichen Raum und in privaten Gärten naturnah begrünt.

Das Spenderflächenkataster Sachsen-Anhalt soll die Lokalisierung von naturschutzfachlich und wirtschaftlich geeigneten Spenderflächen zur Direkternte von Samen- und Pflanzenmaterial und zur Sammlung von Basissaatgut für die regionale Vermehrung in Sachsen-Anhalt vereinfachen und dadurch die Verwendung von Saatgut gebietseigener Herkünfte bei Kompensations- und Renaturierungsmaßnahmen fördern. Das länderübergreifende Informationssystem Naturnahe Begrünungsmaßnahmen (InB) bietet dabei umfassende Informationen zur Planung und Umsetzung dieser Maßnahmen.

  • Informationssystem Naturnahe Begrünungsmaßnahmen (InB)

    Informationssystem Naturnahe Begrünungsmaßnahmen (InB)

    Als Hinderungsgründe für die Anwendung alternativer Begrünungsmethoden werden immer wieder Unsicherheiten und fehlende Erfahrungen, zu hohe Kosten, aufwändigere Erfolgskontrollen sowie fehlendes gebietsheimisches Material (sowohl aus der Wildpflanzenvermehrung als auch durch Direktgewinnung, z. B. mit Wiesendrusch oder Mahdgut) angegeben.

    Mit dem Ziel, Fachwissen zu naturnahen Begrünungsmaßnahmen zu vermitteln, wurde das Fachinformationssystem InB entwickelt und unter www.spenderflaechenkataster.de veröffentlicht. Hier werden Erkenntnisse und Erfahrungen aus Wissenschaft und Praxis in übersichtlicher Form dargestellt.

    Das InB ist länderübergreifend konzipiert und dient potenziellen Anwender*innen wie Behörden, Planungsbüros, Kommunen und interessierten Privatpersonen als Einstiegsseite in die Thematik naturnaher Begrünungsmaßnahmen. Neben der regelmäßigen Aktualisierung und Erweiterung der Inhalte wird ein sehr großer Wert auf die Nutzerfreundlichkeit und das schnelle Auffinden der verfügbaren Informationen gelegt.

    Die Internetplattform enthält einen Überblick zu unterschiedlichen naturnahen Begrünungsmethoden, Hinweise zu deren Planung, Umsetzung, Pflege und Entwicklung sowie entstehenden Kosten sowie eine Zusammenfassung der rechtlichen Grundlagen. Weiterhin bieten eine umfangreiche Liste mit Links zu Institutionen und Praktiker*innen sowie eine aktuelle Literaturliste umfassende Informationsmöglichkeiten.

    Mit der Weitergabe von praktischen Erfahrungen, z. B. durch Demonstrationsworkshops für Planer*innen, Genehmigungsbehörden, Kommunen und Umsetzer*innen, sollen Vorbehalte gegenüber Methoden naturnaher Begrünungsmethoden abgebaut und Fehler bei deren Anwendung reduziert werden.

  • Flyer der Informationsreihe naturnahe Begrünung

    Flyer der Informationsreihe naturnahe Begrünung

    Hier finden Sie unsere Flyer der Informationsreihe naturnahe Begrünung:

    1/5 Hintergrund und Planungsschritte

    2/5 Wiesendrusch

    3/5 Mahdgutübertrag

    4/5 Ansaat mit regional vermehrtem Saatgut und Ansaatverfahren

    5/5 Begrünungsmaßnahmen im kommunalen Raum

     

     

  • Spenderflächenkataster Sachsen-Anhalt

    Spenderflächenkataster Sachsen-Anhalt

    Im Spenderflächenkataster für Sachsen-Anhalt werden Flächen verwaltet, die aus naturschutzfachlicher und wirtschaftlicher Sicht potenziell für eine Gewinnung von gebietseigenem Saatgut geeignet sind. Für die Wirtschaftlichkeit werden z. B. der Verbuschungsgrad, die Neigung, das Relief und die Zugänglichkeit bewertet. Viele der in der Datenbank enthaltenen Flächen haben einen Schutzstatus, wobei ein Großteil in FFH- und/oder Naturschutzgebieten liegt. Die Aufnahme einer Fläche im Kataster beinhaltet ausdrücklich keine Genehmigung, dort Saatgut zu sammeln oder sie anderweitig zu beernten. Jegliche Beerntung bedarf einer Genehmigung der zuständigen Naturschutzbehörden sowie der Flächennutzer*innen. Gegebenenfalls ist ein Ausgleich für Ertragsausfälle zu leisten.

    Seit 2006 wurden mehr als 500 potenzielle Spenderflächen in die Datenbank aufgenommen. Diese werden seit 2017 sukzessive reevaluiert, da die Gefahr besteht, dass durch mögliche Pflegedefizite Gräser und Gehölze zunehmen und dadurch die Zielarten zurückgedrängt werden. Im Jahr 2023 wurden so beispielsweise 75 Flächen neu bewertet, welche in den vorhergehenden Jahren in das Spenderflächenkataster aufgenommen worden waren. Einige dieser Flächen erfüllen die Kriterien für Spenderflächen nicht mehr und werden daher aus der Spenderflächendatenbank entfernt. Die Begehung und Bewertung der in der Datenbank geführten Flächen sowie die Neuaufnahme von Flächen wird konstant fortgeführt. Auch in Zukunft können z. B. interessierte Landwirt*innen über ein Onlineformular geeignete Spenderflächen melden.

    Für Nutzer*innen des Katasters stehen umfassende Suchfunktionen zur Verfügung. So können über eine Übersichtskarte, eine Eingabemaske sowie aus einer Liste Spenderflächen recherchiert werden. Verfügbare ökologische und ökonomische Daten werden in Steckbriefen angezeigt, für die Anzeige der genauen geographischen Lage ist eine kostenlose Registrierung als Nutzer*in erforderlich.

  • Workshops und Weiterbildungen

    Workshops und Weiterbildungen

    Demonstrationsworkshops und Weiterbildungen sind wichtige Instrumente für Planer*innen, Behörden und Umsetzer*innen, um Vorurteile bei der Verwendung von gebietseigenen Wildpflanzen bei Begrünungsmaßnahmen sowie der Planung und Umsetzung von naturnahen Begrünungen abzubauen. Im Rahmen dieser Workshops können offene Fragen beantwortet und Kontakte zwischen den verschiedenen Interessengruppen vermittelt werden. Die Hochschule Anhalt veranstaltet deshalb in regelmäßigen Abständen Workshops und Exkursionen zu verschiedenen Themenkreisen. Nähere Informationen unter: www.spenderflaechenkataster.de oder Veranstaltungen.

  • Versuche zur Keimfähigkeit von Wiesendrusch

    Versuche zur Keimfähigkeit von Wiesendrusch

    Von 2017 bis 2022 wurden im Rahmen des Projektes Keimtests mit Wiesendruschmaterial durchgeführt, um dessen Keimfähigkeit über die Dauer und Art der Einlagerung zu untersuchen. Dazu wurde Wiesendruschmaterial von drei unterschiedlichen Standorten bei Bernburg, Wulfen und im Südharz jeweils in vier Varianten eingelagert:

    (a) Kühlkammer, nicht-vakuumisiert

    (b) Kühkammer, vakuumisiert

    (c) Scheune, nicht-vakuumisiert

    (d) Scheune, vakuumisiert

    Die Tests zur Keimfähigkeit wurden halbjährlich im Frühjahr und im Herbst durchgeführt und im Herbst 2022 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Lagerungsdauer des Saatguts fünf Jahre. Die wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse erfolgt derzeit.

     

  • Ausblick

    Ausblick

    Die Verwendung gebietseigener Herkünfte von Arten in Renaturierungs- und Begrünungsprojekten wird weiterhin an Bedeutung gewinnen. Dafür notwendige Informationen sind im Informationssystem Naturnahe Begrünungsmaßnahmen (InB) enthalten, wobei angestrebt wird, den Wissenszuwachs aus Forschung und Praxis fortlaufend zu integrieren. Es ist außerdem wichtig, Bewirtschafter*innen über den ökologischen und ökonomischen Wert ihrer artenreichen Grünlandbestände zu informieren, um deren Bereitschaft zu erhöhen, die naturschutzfachlich wertvollen Flächen in einem guten Pflegezustand zu erhalten.

    Darüber hinaus ist ein zunehmender Beratungsbedarf bei der Durchführung von Begrünungsmaßnahmen zu erkennen. Mit Blick auf die naturschutzfachliche Bedeutung und die Aktualität naturnaher Begrünungsmethoden stehen die Mitarbeiter*innen des Projekts für die fachliche Beratung bei der Planung, Umsetzung und Kontrolle naturnaher Begrünungsmaßnahmen sowie bei Vorabsprachen mit Bewirtschafter*innen und zuständigen Naturschutzbehörden zur Verfügung. Grundlage dafür ist die konstante Aktualisierung und Erweiterung des Spenderflächenkatasters und die Pflege des Informationssystems naturnaher Begrünung (InB).

Projektleitung:          Prof. Dr. Sabine Tischew, Dipl.-Ing. (FH) Sandra Mann

Projektbearbeitung:  B. Sc. Bettina Pleintinger, M. Sc. Lars Huth

Projekttitel:

Erweiterung und Betreuung des Spenderflächenkataster Sachsen-Anhalt und des Informationssystems für naturnahe Begrünungen – Intensivierung und Ausbau des Wissenstransfers für die Aufwertung und Entwicklung wertvoller FFH-Offenlandlebensräume

Projektzeitraum:       10-2020 bis 09-2024 (Projekt 407.1.10-60128/630120000010)

Gefördert durch:       Europa-ELER, ELER-Sachsen-Anhalt, Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt: ELER Sachsen-Anhalt

Projektpartner:          Matthias Stolle (saale-saaten, Halle), Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt,
                                 Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt, Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt,
                                 Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz Sachsen-Anhalt, Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH

Website:                  http://www.spenderflaechenkataster.de