Biodiversität und Energieholz – Die Nutzung von Energieholz als Ansatz zur Erhaltung und Entwicklung national bedeutsamer Lebensräume

  • Motivation & Ziele

    Motivation & Ziele

    Klimaschutz und Erhalt der Artenvielfalt gehören zu den drängendsten Aufgaben unserer Zeit. Viele Arten und Lebensgemeinschaften des Offen- und Halboffenlandes sind durch Gehölzsukzession als Folge von fehlender Nutzung gefährdet. Die Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt zielt darauf ab, den Rückgang der Artenvielfalt und der gefährdeten Lebensraumtypen in der Kulturlandschaft aufzuhalten und ihre Erhaltung durch Unterstützung nachhaltiger Bewirtschaftungsformen zu fördern.

    Während sich traditionelle Bewirtschaftungen oft kaum mehr rechnen, kann durch die Nutzung des aufwachsenden Holzes als Energieträger möglicherweise ein neuer Nutzungsbaustein für pflegebedürftige Lebensräume wie bspw. Halbtrockenrasen und Heiden etabliert werden. Die Voraussetzungen sind gut: Die Nationale Klimaschutzinitiative der Bundesregierung und das Erneuerbare Energien-Gesetz fordern und fördern u.a. die Verstromung von Pflanzen oder Pflanzenbestandteilen aus der Landschaftspflege.

    Derzeit bestehen jedoch noch viele offene Fragen und Unsicherheiten hinsichtlich einer energetischen Nutzung von Landschaftspflegeholz. Zum Beispiel ist das Flächen- und Biomassepotenzial weitgehend unbekannt. Es ist unklar, mit welchen Technik- und Logistikketten, und schließlich mit welchem Kostenaufwand Landschaftspflegeholz genutzt werden kann. Außerdem sind die Effekte einer effizienten Energieholznutzung auf die Pflanzen- und Tierwelt der oft gesetzlich geschützten Lebensräume noch wenig untersucht.

    Unter der Federführung der Naturstiftung David wird derzeit ein Verbundprojekt mit dem Schwerpunkt einer wissenschaftlich begleiteten Ernte und Aufarbeitung des biogenen Reststoffes Landschaftspflegeholz durchgeführt.

  • Modellflächenkulisse

    Modellflächenkulisse

    Durch eine modellhafte Beerntung von ausgewählten, sehr verschiedenartigen Gebieten soll eine belastbare Datenbasis geschaffen werden. Dafür sind in Thüringen und Brandenburg repräsentative Flächen in verschiedenen Lebensräumen ausgewählt worden. Insgesamt ca. 40 Modellflächen spiegeln die vorherrschenden Biotoptypen wider. Das Spektrum reicht von Bergwiesen über Halbtrockenrasen und Streuobstwiesen bis zu Sandtrockenrasen und Heiden. Die meisten der Modellflächen befinden sich in Schutzgebieten (NSG, FFH). Eine Beerntung der Flächen findet gestaffelt in den Jahren 2009 bis 2013 statt.

  • Arbeitspakete & Partner

    Arbeitspakete & Partner

    Als übergeordnete Aspekte aller Untersuchungen können die ökologische und die ökonomische Bilanz der eingesetzten Beerntungstechnologien gelten. Ein weiteres Ziel des Projektes ist es, eine praktikable und zielsichere Methode zur Bestimmung des Biomassepotenzials zu entwickeln. Für die wissenschaftlichen Begleituntersuchungen konnte die Naturstiftung David namhafte Institutionen gewinnen. So wird der technikbezogene Teil der Untersuchungen von einem renommierten forsttechnischen Ingenieurbüro begleitet. Eine Analyse der Hackschnitzelqualität wird von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, die Treibhausgas-Bilanzierung vom Deutsche Biomasse- ForschungsZentrum durchgeführt. Ein naturschutzfachliches Monitoring wird durch die Hochschule Anhalt (vegetationskundliche Untersuchungen) und die Fachhochschule Erfurt (Fauna) realisiert.

  • Naturschutzfachliches Monitoring

    Naturschutzfachliches Monitoring

    Die vegetationsökologischen Untersuchungen der Hochschule Anhalt bilden gemeinsam mit den tierökologischen Untersuchungen der Fachhochschule Erfurt die entscheidende Grundlage für die Benennung naturverträglicher Ernte- und Logistikverfahren zur energetischen Nutzung von Landschaftspflegeholz. Für alle Modellflächen erfolgte eine ziel- und flächenspezifische Konkretisierung von Untersuchungs- und Bewertungskriterien (z.B. hinsichtlich Struktur, Arteninventar, Habitatqualität für Zielarten). Zur Erfassung der Kriterien dienen vegetationsökologische Untersuchungsflächen und Transekte zur Erfassung verschiedener Tiergruppen (z.B. Heuschrecken, Tagfalter, Vögel, Reptilien). Die Untersuchung und Bewertung des Flächenzustandes erfolgt sowohl vor als auch nach den Freistellungsmaßnahmen (gekoppelter Soll-Ist-/Vorher-Nachher-Vergleich). Technikfolgen wie Bodenverletzungen, Verdichtungen, Auflagen von Restholz, Höhe von verbliebenen Gehölzstümpfen und -strünken werden in Hinblick auf potenzielle negative Effekte auf die Bestandesentwicklung (z.B. durch Nährstoffeintrag) und für das angestrebte Folgemanagement (z.B. durch Behinderung von Mahd/ Beweidung) bewertet.

    Die im Rahmen des Teilprojektes ermittelten wissenschaftlichen Daten (Erfolgskontrolle und Technikfolgenabschätzung) liefern Aussagen zur Anwendbarkeit von Energieholznutzungssystemen auf Naturschutzflächen sowie über deren potenziellen Beitrag zur Offenhaltung national bedeutsamer Lebensräume. Auf Grundlage der Untersuchungen sollen naturschutzfachliche Empfehlungen hinsichtlich einer Nutzung des biogenen Reststoffs „Landschaftspflegeholz“ in unterschiedlichen Lebensräumen abgeleitet werden.

    Mögliche Technikfolgen wie Bodenverletzungen, Verdichtungen, Auflagen von Restholz, Höhe von verbliebenen Gehölzstümpfen und -strünken werden in Hinblick auf potenzielle negative Effekte auf die Bestandsentwicklung und für das angestrebte Folgemanagement bewertet. Links: Frühlings-Adonisröschen – charakteristische Art der Halbtrockenrasen. Rechts: Sand-Strohblume – charakteristische Art der Sandtrockenrasen. (Foto links, Mitte: Annett Baasch, Foto rechts: Volker Johst)

  • Wie geht es weiter?

    Wie geht es weiter?

    Bisher wurden in den Wintermonaten 22 Modellflächen freigestellt und das geerntete Material für eine energetische Nutzung zu Hackschnitzeln aufgearbeitet. Bis 2013 sollen alle anderen Modellflächen beerntet werden. Für die dauerhafte Offenhaltung der freigestellten Flächen wird in Zusammenarbeit mit den Naturschutz- und Forstverwaltungen ein zielführendes Folgemanagement festgelegt. Durch die Synthese der Ergebnisse aus den Teilprojekten sollen praxistaugliche Konzepte, Maßnahmen und Methoden für eine effiziente und naturverträgliche Nutzung von „Landschaftspflegeholz“ auf Naturschutzflächen abgeleitet werden. Diese sollen künftig auch dazu beitragen, die Kosten des Naturschutzes für die Landschaftspflege zu minimieren. Die Ergebnisse sollen für Naturschutz- und Forstverwaltungen, Landschaftspflegeverbände sowie Unternehmen aus den Bereichen Forst, Gartenbau und Technik-Herstellung nutzbar sein. Außerdem sollen sie der Anpassung und Konkretisierung von Naturschutzförderrichtlinien dienen und in aktuelle politische Prozesse zum Klimaschutz und zum Schutz der Biodiversität implementiert werden.